Eine magische Welt voller Geheimnissen und Gefahren!
Eine dunkle Nacht - Teil 1
Die Dunkelheit senkte sich wie ein schwerer Schleier
über das Tal, und die Kälte folgte ihr auf leisen Sohlen.
Ohne die wärmende Sonne begann der Atem von
Beatitudo in kleinen Wolken vor seinem Gesicht zu
gefrieren. Feuchte Nebelschleier krochen in dünnen
Schlieren über den moosbedeckten Boden, umspielten
seine Stiefel, als wollten sie ihn festhalten. Die Bäume
waren von Raureif überzogen, ihre schwarzen, knorrigen
Stämme glitzerten im bleichen Mondlicht wie
gespenstische Adern. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Er hatte sich geschworen, selbst die entlegensten Winkel
von Araga zu vermessen und zu kartografieren – koste es,
was es wolle. Doch dieser Ort stellte sein Vorhaben auf
eine schwere Probe.
„Scheiß Kälte!“, murmelte er halblaut.
Es fühlte sich an, als bestünde die ganze Welt aus Eis. Die
Kälte drang durch die Kleidung, durch ihre Haut und
steckte ihm tief in den Knochen, wie ein eisiges Messer,
das in seinen Körper gerammt wurde.
Aus den Löchern in den knorrigen Wurzeln und den
Schatten der uralten Geisterbäume stahlen sich die
lautlosen Kreaturen der Nacht.
Er schob sich so nah wie möglich an das lodernde
Lagerfeuer, doch selbst die Wärme der Flammen schien
machtlos gegen die Kälte zu sein, die seinen Körper
durchdrang. Er fror bis ins Mark, und jeder Atemzug
fühlte sich an wie scharfe Eisnadeln in seinen Lunge.
Verflucht sei diese Kälte!
Um sich abzulenken, starrte Beatitudo ins Feuer. Das
rhythmische Pulsieren der Glut, das Züngeln der
Flammen hatte etwas Hypnotisierendes.
Sein Blick folgte den Funken vom Feuer, die wie
rotglühende Sterne emporstiegen, durch die Luft
schwirrten, um sich in den dunklen Tannenkronen zu
verlieren, nur um dann als kleine Aschewölkchen zur
Erde zurückzufallen.
Der Wind pfiff durch das Geäst der Bäume und einem
Gefühl folgend senkte er seinen Blick zum Waldrand, der
bereits in Dunkelheit lag. Glühende Augenpaare blitzten
in der Dunkelheit auf, so zahlreich und flüchtig wie
fallende Sterne. Ein fernes Knacken – ein Ast brach unter
einer unsichtbaren Last. Die Luft war schwer, erfüllt von
einer unsichtbaren Feindseligkeit. Es war, als halte der
Wald den Atem an, während die Fremden weiterzogen,
jeder Schritt ein Wagnis, jede Bewegung eine
Provokation. Irgendwo in der Dunkelheit erklang ein
tiefes, langgezogenes Knurren. Er kniff die Augen
zusammen und meinte einen Schatten zwischen den
Bäumen huschen zu sehen. Sein Herzschlag
beschleunigte sich. Geblendet vom Starren ins Feuer
konnte sie nur undeutliche Schemen erkennen, doch
allmählich gewöhnten sich seine Augen an die
Dunkelheit. Da war sie wieder: eine hochgewachsene
dunkel gekleidete Gestalt, die um ihr Lager schlich.
„Ich glaube, dort ist jemand“, flüsterte er verunsichert.
Seine Gefährten griffen sofort zu den Waffen und
starrten ins Dunkel, während der Wind durch das Geäst
strich.
Einige Zeit verging. Ein Fuchs bellte in der Ferne, ein Vogel
schrie und das Knistern vom Feuer und das Rauschen der
Bäume war zu hören. Außer den tanzenden Schatten des
Feuers konnten sie nichts erkennen, die Gestalt schien
verschwunden.
„Ich sehe niemanden“, grollte Thalric mit seinem
fremdartigen Zungenschlag.
Und doch schaute er sich weiterhin aufmerksam um,
seinen Speer fest in der Hand.
„Nur die Bäume“, sprach der sonst eher wortkarge Garrik
Wolfsblut und rieb sich die knollige, rotgeäderte Nase.
Sein Griff um die Axt lockerte sich.
„Oder es sind die verdammten Alben, die durch den Wald
schleichen und allen das Leben nehmen, die ihren Weg
kreuzen, um ihnen die Seele mit ihren dunklen Ritualen
zu rauben“, überlegte der rothaarige Baldric von
Sturmwacht düster.
Ein Schauer durchfuhr Beatitudo während jedes einzelne
Wort von Baldric von Sturmwacht die Luft mit Spannung
auflud, ähnlich der Vorahnung eines herannahenden
Gewitters, das Blitze und Donner mit sich brachte.
Angstvoll blickte er in die Finsternis, in der vor einer Pras
die restlichen Gefährten verschwunden waren, und
bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken an die Alben.
„Nur Bäume …“, knurrte Garrik Wolfsblut ein wenig
verärgert, aber trotz seiner Worte stellte er seine Axt
nicht beiseite, sondern ließ diese über seinen Schoß
gelegt.
…
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